Veranstaltung
Fachforum in Triesdorf nimmt ländliche Entwicklung in den Blick

(4. Juli 2024) Weidenbach – Zum Start des Johannitags im Ortsteil Triesdorf und vor dem großen Ansturm auf die beliebte Veranstaltung ist es am Vormittag im „Josef Göppel Fachforum“ um gute Beispiele aus der Praxis zum Thema ländliche und kommunale Entwicklung gegangen. Die fachliche Gestaltung der Veranstaltung, bereits im dritten Jahr an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT), lag in diesem Jahr beim Masterstudiengang für Regionalmanagement.

Zwei Frauen haben bei einem Vortrag ihre Ergebnisse aus einer Studie vorgestellt. Darin ging es um soziale Aspekte von Baulücken. Das Josef Göppel Fachforum war Teil des Johannitags in Triesdorf, zu dem jedes Jahr Tausende Besucher strömen.Zoombild vorhanden

Diane Mayer, ALE Mittelfranken, Abdruck honorarfrei

Professorin Dr. Jennifer Gerend und Marina Beck von der HSWT informierten im Josef Göppel-Hörsaal über die sozialen Aspekte von Baulücken. Judith Nienstedt stellte ihre Abschlussarbeit im Masterstudiengang Regionalmanagement vor. Sie hatte sich darin mit den touristischen Potenzialen in ländlichen Räumen beschäftigt. Dazu hatte sie die kleinste Stadt Mittelfrankens Ornbau unter die Lupe genommen. Und Manuel Döhler, Bürgermeister von Neusitz und ehemaliger Absolvent der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, berichtete über aktuelle Projekte zur Innenentwicklung in seiner Gemeinde. Der Ort vor den Toren Rothenburgs mit rund 2100 Einwohnerinnen und Einwohnern gilt als Vorreiter beim Thema Flächensparen. Wolfgang Neukirchner, Leiter des Amts für Ländliche Entwicklung Mittelfranken, war bei den Vorträgen dabei und freute sich, dass die Hochschule das Thema ländliche und kommunale Entwicklung in den Mittelpunkt gerückt hat. „Den ländlichen Raum fit machen für die Zukunft und für gleichwertige Lebensverhältnisse auf dem Land im Vergleich zu den Städten zu sorgen, das ist unsere tägliche Arbeit und dafür setzen wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes, uns zu 100 Prozent ein“, so der Behördenchef.
Manuel Döhler ist seit vier Jahren Bürgermeister der Gemeinde Neusitz – er freute sich bei einem Fachforum über den gut laufenden Dorfladen, der seit einem Jahr die Bürgerinnen und Bürger versorgt.Zoombild vorhanden

Diane Mayer, ALE Mittelfranken, Abdruck honorarfrei

Der Dorfladen lebt nicht von Klopapier und Bananen
Im Sommer vor einem Jahr öffnete in Neusitz ein jahrelanger Herzenswunsch der Bürgerinnen und Bürger: ein Dorfladen mit Café und wunderschöner Sonnenterasse. Milchprodukte, Honig, Saft, Brot, Öle und Metzgerwaren gehen nun im ehemaligen, leerstehenden TÜV-Gebäude über die Ladentheke. Das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken bezuschusste das Geschäft unter anderem über die Förderung von Kleinstunternehmen. „Es ist wieder Leben bei uns in der Gemeinde“, stellte Bürgermeister Manuel Döhler fest. „Der Laden lebt nicht von Klopapier und Bananen.“ Denn die Neusitzer nutzen das Geschäft „Alte Steige“ auch zum Plausch bei Kaffee und Kuchen. Schon im Jahr 2002 fiel im Gemeinderat ein zukunftsweisender Grundsatzbeschluss, keine neuen Baugebiete mehr auf den Weg zu bringen, sondern auf die Wiederbelebung von Leerständen im Ortskern zu setzen. Das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken ist seit dem Jahr 2009 Partner der Gemeinde während der laufenden Dorferneuerung im Ortsteil Schweinsdorf. Über 20 Maßnahmen seien seit dem Startschuss bereits umgesetzt, so Manuel Döhler. Die Gemeinde kaufte auch eine ehemalige, leerstehende Gaststätte und baute sie für Sozialwohnungen um. „Als Gemeinde muss man vorangehen, um die Privatleute mitzureißen“, sagte Manuel Döhler. „Stetiger Tropfen höhlt den Stein.“ Auch im Hauptort Neusitz gilt der Grundsatz. Die Bevölkerungszahlen in der Gemeinde mit Bahn- und Autobahnanschluss gehen stetig nach oben, was den Rathauschef freut.
Seit 2019 unterstützt Dr. Verena Walter, die für „Innen statt Außen“ zuständig ist, die Gemeinde Neusitz bei strategischen Schritten zur Innenentwicklung: Das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken bezuschusste einen Vitalitäts-Check für den Dorfplatz. Aktuell laufe in Neusitz die Umgestaltung des Bereichs ums Rathaus herum zur „Neuen Mitte“, wie der Bürgermeister erklärte. Für den Dorfplatz ist viel Grün und Flächen zum Versickern nach Regenfällen sowie ein Brunnen mit Sitzmöglichkeiten geplant – möglich machen es EU-Fördermittel. Ein kommunales Förderprogramm zur Innenentwicklung unterstützt Bürgerinnen und Bürger: Wer zusätzlichen Wohnraum in bestehenden Gebäuden schafft und Fläche spart – wird belohnt. Aktuell geht es auch noch – zusammen mit dem Amt für Ländliche Entwicklung – um den Umbau des Untergeschosses des Rathauses in Neusitz zum Dorfgemeinschaftshaus.
Eine junge Frau hat das touristische Potenzial von Ornbau untersucht. Ihre Ergebnisse stellte sie mehreren Zuhörern vor. Das Josef Göppel Fachforum war Teil des Johannitags in Triesdorf, zu dem jedes Jahr Tausende Besucher strömen.Zoombild vorhanden

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Angebote für Touristen schaffen Mehrwert für Einheimische
Prof. Dr. Jennifer Gerend und Marina Beck von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf stellten ihre Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt zu sozialen Aspekten von Baulücken vor. Das Flächensparmanagement der Regierung von Mittelfranken und das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken begleitete das Forschungsprojekt fachlich. Die beiden Frauen hatten dazu in Neusitz, Wolframs-Eschenbach (beide Landkreis Ansbach) und Markt Uehlfeld (Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) 1417 Eigentümerinnen und Eigentümer einen Fragebogen geschickt. Der Rücklauf mit 585 Antworten war gut. „Das Bewusstsein in den alten Ortskernen ist oft groß, was die Nutzung des eigenen Grundstücks auf das Gesamtbild hat“, so Jennifer Gerend. Knapp 86 Prozent der Befragten seien der Meinung gewesen, dass die Sanierung von alten Gebäuden zu einer positiven Entwicklung beitrage. Aber es gebe wenig Bereitschaft, eigene Baulücken zu verkaufen. Die sogenannten Enkelgrundstücke seien noch sehr verbreitet, stellte die Wissenschaftlerin fest. „Hinter einer Baulücke steht aber nicht nur das Grundstück, sondern auch Menschen mit Geschichten und sozialen Motivationen“, so Jennifer Gerend.
Judith Nienstedt hatte sich für ihre Abschlussarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf Ornbau zur Brust genommen – die Ergebnisse stellte sie im Fachforum vor. Mit Literaturrecherche, Fragebögen und Experteninterviews versuchte Nienstedt herauszufinden, welche touristischen Potenziale in der Stadt „im Dornröschenschlaf“ schlummern. Die Befragung lief im Januar und Februar des vergangenen Jahres. 163 von 690 Fragebögen kamen ausgefüllt zurück. Knapp 80 Prozent der Einwohner freuen sich, wenn Touristen in der Stadt unterwegs seien, so Judith Nienstedt. 85 Prozent fühlen sich von der Anwesenheit nicht gestört. Ornbau sei vor allem bei Radfahrern wegen eines gut ausgebauten Netzes sehr beliebt – doch treffe die Nachfrage auf fehlende Angebote in der Stadt, so Nienstedt weiter. Deswegen sei es wichtig, den Bereich weiterzuentwickeln. Die Stadt plane unter anderem, die Bettenanzahl zu steigern durch einen Campingstellplatz und auch das gastronomische Angebot auszubauen, sagte Judith Nienstedt. „Der Nutzen liegt nicht nur bei Touristen und Tagesausflüglern, sondern auch bei den Einheimischen“, stellte Judith Nienstedt fest. Das sorgt für mehr Rückhalt bei touristischen Angeboten.
17 Männer und Frauen stehen in einem Innenhof der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Vor einem Fachforum haben sie sich für ein gemeinsames Foto aufgestellt.

Diane Mayer, ALE Mittelfranken, Abdruck honorarfrei